Zell am Ziller
In "Zell bei Kufstein", dem heutigen Stadtteil von Kufstein, wurde anno 788 den "Brüdern" zugeschrieben, "mit ihren Händen gearbeitet" zu haben und dies ebenfalls auf Zell am Ziller übergeleitet. Denn "Zell" bedeutete "Zelle", was so viel hieß wie "kleines Kloster" oder "Außenstelle eines Klosters".
Also wird davon ausgegangen, dass Zell am Ziller gleich alt ist wie viele Unterinntaler Gemeinden, wenn es auch im Jahre 1988 nicht bei den 1200-Jahr-Feiern aufschien. Der Grund war, dass die Zeller Dekanats-Pfarrkirche nicht wie alle anderen im von Erzbischof Arno von Salzburg 788 verfassten Verzeichnis "Indiculus Arnonis" genannt wurde, da sie einem unbekannten weltlichen Herrn unterstand.
Urkundlich wurde Zell am Ziller erstmals 1188 genannt. Der Erzbischof von Salzburg wurde allmählich – bis auf einige Ausnahmen - der alleinige Grundherr im Tal und mit der Zeit ebenso Gerichtsherr sowie durch das Steuerrecht zudem Landesfürst. Die landesfürstliche Verwaltung hatte ihren Sitz erst in der Burg Kropfsberg, ab dem Jahre 1592 endgültig in Zell.
Dass die Salzburger Mönche um 700 herum im Zillertal eine "Zelle zur Christianisierung" gründeten, davon zeugt neben dem Namen gleichfalls das Zeller Wappen, das die Gemeinde 1975/76 erhielt. Es zeigt auf goldenem Hintergrund einen "schwarzgewandeten Mönch" mit ausgestreckten Armen, in der einen Hand ein schwarzes Kreuz, in der anderen eine Kirche mit spitzem Turm haltend.
Die Zeller Pfarr- und Dekanatskirche ist dem Hl. Vitus geweiht und bildet heute eine Einheit mit Totenkapelle und Friedhof. Bei der Kirche handelt es sich um einen barocken Zentralbau, erbaut von 1772 bis 1778, der gotische Turm wiederum stammt noch von der alten Kirche, die nach einem Hochwasser abgetragen werden musste. Das Freskenhauptwerk in der Kuppel stammt vom Maler Franz Anton Zeiler. Im Friedhof steht ein Denkmal zu Ehren der Gefallenen beider Weltkriege. Pfarrkirche, Kriegerdenkmal, Friedhof mit Totenkapelle und Kaiserdenkmal zählen zusammen mit dem Bezirksgericht, der alten Schule, dem Widum und der Zeller Eisenbahnbrücke zu den denkmalgeschützten Objekten in Zell.
Spital, Hauptort und größter Markt
Für Reisende und Pilger über die Gerlos mit dem Gerlospass wurde in Zell 1188/1189 das Johannesspital erbaut. In einer alten Urkunde ist nachzulesen, dass Erzbischof Adalbert von Salzburg dem Johnnesspital die Zehende in der Zeller Pfarre schenkte. Heute befindet sich in dem historischen Bauwerk mit Krüppelwalmdach das Wohn- und Pflegeheim der "Kaiser-Franz-Josef-Stiftung", da der Kaiser anno dazumal der Bitte um Überlassung eines Baugrunds für das Spital nachkam. Auch den dreiteiligen Altar in der hauseigenen im neugotischen Stil erbauten Kapelle stiftete Kaiser Franz Josef. Über 80 Menschen aus 17 Zillertaler Gemeinden finden im Altenwohn- und Pflegeheim Platz.
Zu einer Straßenverbindung nach Salzburg kam es aber erst nach 1945. Das Zillertal war deshalb nur ein "Anhängsel" an den geistlichen Fürstenstaat Salzburg, aufgrund der abzuführenden Steuern jedoch ein sehr willkommenes. Für die Sammlung der Abgaben zeichneten die Pröbste der Meierhöfe in Zell, Schwendau (später Mayrhofen) und Fügen verantwortlich. Neben dem Richter sowie dem Pfleger (vergleichbar mit Bezirkshauptmann) saß somit gleichfalls der Probst des Meierhofes in Zell am Ziller, welches damit zum Hauptort des Tales wurde.
Als Verwaltungssitz war Zell am Ziller kein reines Bauerndorf, der Ort beherbergte unterschiedliche Gewerbebetriebe und hielt den größten Markt im Tal ab. So gab es 1804 einen Bierbrauer, zwei Metzger, drei Bäcker, jeweils acht Wirte und Krämer, drei Müller, vier Schneider, zwei Sattler, drei Schmiede, drei Tischler, sieben Schuster, sechs Weber sowie einen Maler. Dieser Wohlstand ließ am bekannten Wanderhandel im Zillertal wenig teilnehmen, nur einen Midriathändler gab es im Ort.
Eine neue soziale Schicht brachte der Goldbergbau am Hainzenberg und Rohrberg mit den Bergleuten nach Zell. Eine mit einer polychromen Immaculate versehene "Knappensäule" aus dem Jahr 1832 erinnert noch an diese Zeit.
Schulwesen, musikalische Anfänge und Auswanderer
In Zell am Ziller war bereits 1594 ein Schulmeister tätig, obwohl die allgemeine Schulpflicht erst nach dem Anschluss an Tirol eingeführt wurde. 1922 wurde eine Bürgerschule errichtet, was deshalb außergwöhnlich war, da es damals im Unterinntal nur in Wörgl, Jenbach, Schwaz, Hall sowie in Kufstein nur für Mädchen solche Schulen gab. Mittlerweile hat sich Zell als Bildungszentrum mit sieben verschiedenen Schultypen einen Namen gemacht.
1816 wurde das Zillertal an Tirol und Österreich angegliedert. Zur Erbhuldigung wurde Kaiser Franz I. am 5. Juli in Zell und Fügen feierlich empfangen. An diesen einzigen Kaiserbesuch im Zillertal erinnert noch in Zell am Ziller das Kaiserdenkmal "Für Franz I., den Retter deutschen Rechts, Friedens und Ruhmes". Die Zillertaler Bauern wurden nun jenen in Tirol gleichgestellt, ebenso brachte die Erbhuldigung das Zillertaler Musikleben in Schwung. 1817 gründeten die Brüder Obersteiner, ein Mechaniker, ein Maler sowie der Sänger Sebastian Leo die Zeller Musikkapelle als "türkische Bande". Die Brüder Anton und Balthasar Leo wiederum, die als die "Leonen" bekannt waren, zogen als Nationalsänger in die Welt. Sie sangen unter anderem 1826 vor Goethe in Weimar und später vor dem Zaren in St. Petersburg und vor dem preussischen König in Berlin. Auch der ehemalige Tiroler Statthalter Franz Graf Chotek kam in Prag in den Genuss einer musikalischen Darbietung der Leo-Brüder. Heutzutage bringen die bekannten "Zillertaler Haderlumpen" jährlich zu ihrem Open-Air Tausende Gäste nach Zell.
An den von den Wanderhändlern mitgebrachten lutherischen Schriften, kamen ebenfalls die Zeller nicht vorbei. Bei einem Trunkenbold als Dekan, der die Seelsorge vernachlässigte, hatte es der Protestantismus nicht schwer, sich zu verbreiten. Dazu stärkten Sommerfrischler aus dem protestantischen Norden die Inklinanten im Zillertal. Schließlich kam es zu Ausschreitungen, so dass der Landtag den Kaiser dazu brachte, 1837 die Ausweisung der "Lutheraner" zu befehlen. 427 Zillertaler wanderten nach Schlesien aus. Zell diente dabei als Sammelpunkt der Inklinanten, aus dem Ort selbst war jedoch kein Auswanderer dabei.
Schritt für Schritt in eine neue Zeit
Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Wanderhandel aufhörte, kam der Fremdenverkehr in Schwung, der die Lage im Zillertal grundlegend veränderte. Die erste Beschreibung Zeller Angebote für Gäste stammt aus dem Jahr 1860. Pferde nach Gerlos wurden angeboten sowie ein täglich fahrender Poststellwagen nach Jenbach. 1901 kam die Bahn nach Zell. Lange Zeit war Zell am Ziller als Hauptort ebenfalls das Zentrum der Sommerfrische. Wintergäste gab es erst nach 1900. Die erste Sektion des Alpenvereines wurde 1870 in Zell gegründet. Die 17 Mitglieder waren allesamt Honoratoren, darunter Geistliche, Richter, Ärzte und Wirte. Dieses erste Fremdenverkehrsaufkommen wurde durch den ersten Weltkrieg wieder beendet.
Obwohl Zell am Ziller mit 243 ha flächenmäßig die zweitkleinste Gemeinde Tirols ist, zählt es mit fast zweitausend Einwohnern zu den größeren Gemeinden des Zillertals. Am 1. Juli 1989 wurde Zell zur Marktgemeinde erhoben. Heute haben in Zell viele für das gesamte Zillertal wichtige Behörden und Ämter ihren Sitz. Unter anderem ist Zell am Ziller Sitz des Dekanates, des Bezirksgerichts, zweier Notariate sowie der Bezirksforstinspektion.
Neben dem Verwaltungs- und Bildungszentrum ist die Gemeinde "im Herzen des Zillertals" ebenso ein Wirtschaftszentrum, in dem der Fremdenverkehr eine bedeutende Rolle spielt, aber gleichfalls Gewerbe und mittelständisches Unternehmertum stark ausgebildet sind. Mehr als 160 Betriebe und fast genausoviele Privatzimmervermieter setzen Akzente im Bereich der Wirtschaft. Unter anderem ist in Zell am Ziller die älteste Tiroler Privatbrauerei angesiedelt, gegründet um 1500. Mit dem "Zeller Bräu" verbunden ist das "Gauderfest", dass jährlich am ersten Maiwochenende stattfindet. Ein Frühlingsfest, das seinesgleichen sucht in Tirol und mittels der "Gambrinusrede" heiter wie kritisch das Landes- wie lokale Geschehen erörtert. Die älteste Beschreibung des Festes stammt übrigens aus einer Zeitung von 1862, in der berichtet wurde, dass der "Gauderkirchtag" der einzige Kirchtag des Tales sei, der noch gefeiert werde.
Zell zählt zu den Orten der "Zillertal Arena", einem der größten zusammenhängenden Skigebieten in Österreich. Im Sommer kann die Umgebung von Zell auf idyllisch angelegten Wanderwegen erkundet werden. 45.000 m² Freizeitpark liefern Sport-, Spiel- und Erholungsmöglichkeiten für Groß und Klein. Neben einem Erlebnisfreibad und -spielplatz gibt es zwei Beach-Volleyballplätze, eine Kegelbahn sowie Tennisplätze in der Halle und im Freien, die im Winter als Kunsteisbahn genützt werden. Ein Café-Restaurant mit Panoramablick auf die Zillertaler Bergwelt lädt nach dem Sport zum Entspannen ein.
Ein Platz, das Einblick in früheres Leben gibt, ist das "Regionalmuseum Zell am Ziller". 1991 wurde der Schwendauer Hof "Ental" nach Zell am Ziller übersiedelt und hier originalgetreu wieder aufgebaut. Verschiedene Ausstellungen gibt es in dem Heimatmuseum und jährlich am 15. August findet das schon traditionelle Museumsfest statt. Und für Hochzeiten bietet das "Zillertaler Regionalmuseum" ein ganz besonders Ambiente in historisch-nostalgischem Rahmen.
Neben vielen unterschiedlichen Vereinen sorgt der im Dezember 2012 gegründete "Brauchtumserhalt Zell am Ziller" für die Pflege und den Erhalt des Brauchtums mit Schwerpunkt auf Hilfeleistung durch Spenden für in Not geratene Familien.
Offizielle Seite der Gemeinde Zell
Zell auf Wikipedia